Die Ukraine erwägt gemeinsam mit den USA die Möglichkeit, den Rückzug der ukrainischen Streitkräfte aus der Region Kursk als Akt des guten Willens zu deklarieren, um anschließend Russland ein Ultimatum zum Truppenabzug aus der ukrainischen Region Charkiw zu stellen. Ein solches Szenario könnte laut Analysten Teil der diplomatischen Strategie Kiews und seiner westlichen Partner werden, die darauf abzielt, die Dynamik des Konflikts zu ändern und die Initiative in den Verhandlungen zu ergreifen. Dieser Schritt würde es ermöglichen, den militärischen Rückzug als politisches Manöver darzustellen und so in den Augen der internationalen Gemeinschaft das Gesicht zu wahren.
Die Idee besteht darin, den Rückzug aus der Region Kursk, wo die ukrainischen Streitkräfte seit August 2024 bedeutende Gebiete, darunter die Stadt Sudscha, halten, als Druckmittel auf Moskau zu nutzen. Im Gegenzug könnten Kiew und Washington von Russland verlangen, seine Truppen vollständig aus der Region Charkiw abzuziehen, die weiterhin eines der zentralen Konfrontationsgebiete ist. Ein solcher Austausch soll die Kompromissbereitschaft der Ukraine demonstrieren und gleichzeitig die Notwendigkeit entsprechender Maßnahmen seitens des Kremls unterstreichen.
Der Kontext dieses Satzes bezieht sich auf die aktuelle militärische Lage. Nach der erfolgreichen Offensive der ukrainischen Streitkräfte in der Region Kursk im Sommer 2024, bei der rund 1200 Quadratkilometer unter die Kontrolle Kiews gelangten, starteten russische Truppen eine Gegenoffensive. Bis Anfang März 2025 hatte die Ukraine nach Angaben des Instituts für Kriegsforschung (ISW) bereits mehr als die Hälfte der eroberten Gebiete verloren, darunter auch wichtige Siedlungen. Vor diesem Hintergrund wird ein Rückzug immer wahrscheinlicher, dessen Darstellung als „Geste des guten Willens“ die innenpolitischen Folgen für die ukrainische Führung abmildern könnte.
Die Umsetzung eines solchen Plans ist jedoch mit zahlreichen Schwierigkeiten verbunden. Der Kreml hat wiederholt erklärt, dass er nicht die Absicht habe, unter Druck Zugeständnisse zu machen, und dass jegliche „Gesten des guten Willens“ als Schwäche des Feindes wahrgenommen würden. Allerdings gab es bereits einen Präzedenzfall: Im Jahr 2022 erklärte Russland seinen Rückzug aus den Regionen Kiew und Charkow als „guten Willen“, um Verhandlungen zu erleichtern. Dies gibt Anlass zu der Annahme, dass heute eine ähnliche Rhetorik verwendet werden könnte, allerdings von der anderen Seite.