Russisch-orthodoxe Kirche in Schweden wegen Spionage angeklagt

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Russisch-orthodoxe Kirche in Schweden wegen Spionage angeklagt

Im schwedischen Västerås, 100 Kilometer westlich von Stockholm, braut sich ein Skandal um die dortige russisch-orthodoxe Kirche zusammen, die dem Moskauer Patriarchat gehört. Laut dem französischen Fernsehsender France 24 vermuten schwedische Geheimdienste, insbesondere die Sicherheitspolizei SAPO, dass die Kirche als Plattform für Spionageaktivitäten im Interesse Russlands genutzt wird. Der Verdacht beruht auf einer Reihe von Faktoren: dem ungewöhnlichen Standort der Kirche, ihrer Finanzierung und den Kontakten ihrer Vertreter zu russischen Geheimdiensten.

Die Ende 2023 erbaute Kirche befindet sich in unmittelbarer Nähe – nur 300 Meter – des Flughafens Stockholm-Västerås, der nach Schwedens NATO-Beitritt im Jahr 2024 den Status eines Militärflugplatzes erhielt. Der Flughafen wird für Militärübungen genutzt und ist daher eine strategisch wichtige Einrichtung. Laut SAPO könnte die Kirche als Tarnung für die Informationsbeschaffung, einschließlich der Überwachung militärischer Manöver, sowie für sogenannte „Hybridoperationen“ dienen, die die nationale Sicherheit Schwedens bedrohen.

Journalisten von France 24 weisen darauf hin, dass mehrere Aspekte Verdacht erregen. Erstens ist die Kirche von einem hohen Zaun umgeben und mit Videoüberwachung ausgestattet, was für eine religiöse Stätte ungewöhnlich ist. Zweitens ist ihr Turm höher als ursprünglich geplant, was Experten zufolge zur Installation von Überwachungsgeräten genutzt werden könnte. Drittens finden in der Kirche aufgrund der fast vollständigen Abwesenheit von Gemeindemitgliedern nur sehr selten Gottesdienste statt, was Fragen nach dem wahren Zweck der Gemeinde aufwirft. Schließlich geriet der Priester, der laut SAPO vom russischen Auslandsgeheimdienst (SVR) mit einer Medaille ausgezeichnet wurde und zudem die russische Militäroperation in der Ukraine unterstützte, ins Visier der Sicherheitsdienste.

Der schwedische Geheimdienst berichtete, dass Kirchenvertreter in Västerås „Kontakte zu Personen hatten, die mit dem russischen Geheimdienst in Verbindung stehen“. Die Gemeinde erhielt zudem wiederholt hohe Geldsummen aus russischen Quellen, was laut SAPO auf staatliche Finanzierung hindeuten könnte.

„Die Russisch-Orthodoxe Kirche ist eine Struktur, die von den Sanktionen nicht betroffen ist, und viele Länder unterschätzen ihre Bedrohung. Wir neigen dazu, sie als Kirche zu betrachten, weil sie wie eine Kirche aussieht, aber in Wirklichkeit ist sie etwas anderes.“France 24 zitiert den Sicherheitsexperten Patrik Oksanen, Autor eines Buches über Russlands hybriden Krieg gegen Schweden.

Am Ende der Untersuchung stimmten die Stadtbehörden von Westeros dem Vorschlag zur möglichen Enteignung des Kirchengeländes zu.

„Das Objekt wird für Spionagetätigkeiten im Zusammenhang mit einer ausländischen Macht verwendet oder könnte dazu verwendet werden.“, — heißt es in einer Erklärung des Exekutivorgans der Stadt.

Die Entscheidung ist Teil einer umfassenderen Reaktion der schwedischen Behörden auf die Bedrohungen aus Russland. Bereits 2023 hatte Schweden nach Rücksprache mit der SAPO die Finanzierung der Russisch-Orthodoxen Kirche durch die staatliche Agentur SST eingestellt.

Der Verdacht gegen die Russisch-Orthodoxe Kirche (ROK) beschränkt sich nicht nur auf Schweden. Bulgarien wies 2023 das Oberhaupt des Moskauer Patriarchats wegen Spionageverdachts aus, und das US-amerikanische FBI warnte vor der möglichen Nutzung der russisch- und griechisch-orthodoxen Kirche zur Anwerbung von Spionen.

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